Bilder
Was hab' ich?
"Was hab' ich? Kannst Du mir mal erklären, was in dem Arztbrief steht?" Wer, wie der Autor dieser Zeilen, medizinisch vorgebildet ist, kennt dieses Ansinnen. Seit meinem Studium frage ich mich, warum Arztbriefe so unverständlich sind. Verstecken wir Mediziner und Medizinerinnen uns hinter den Fachausdrücken. Ist eine für den Patienten oder die Patientin unangenehme Diagnose weniger schwerwiegend, weil sie lateinisch transportiert wird? ...
"Man müsste mal die Arztbriefe verständlicher machen." Wie oft habe ich diesen Satz gehört, von Ärzt:innen, Therapeut:innen, Patient:innen und Selbsthilfegruppen. Leider blieb es immer beim "Man müsste mal..." Bis vor einigen Jahren drei Studenten, zwei Mediziner und ein ITler, in Dresden eine gemeinnützige Gesellschaft gründeten, die zur Aufgabe haben sollte verständliche Arztbriefe zu entwickeln.
Sie werden jetzt einwenden, dass das ja wieder eine zusätzliche Belastung für das sowieso schon überlastete medizinische Personal wäre. In Dresden hat man vom anderen Ende her gedacht. Da die Diagnoseschlüssel von den Ärzt:innen, oder dem Medizincontrolling sowieso eingegeben werden müssen, um die erbrachten Leistungen abrechnen zu können, lag es nahe dort anzusetzen. Man verknüpfte diese Codierungen mit einfachen Textbausteinen und einer schlauen Software und schon hatte man einen einfachen Arztbrief. In den begleitenden Studien des Universitätsklinikums Dresden sieht man eindeutig, dass die Gesundheitskompetenz der Patient:innen stark anstieg und die Zufriedenheit wuchs. Viele Kliniken haben die Software in der Zwischenzeit implementiert. Viele stehen aber immer noch auf dem Standpunkt: "Man müsste mal..."
Von Bertram Solcher, Hamburg im Juni 2022
Äußerungen unserer Gesprächspartner:innen und Autor:innen geben deren eigene Auffassungen wider. Die Christoph Lohfert Stiftung macht sich Äußerungen ihrer Gesprächspartner:innen in Interviews und Beiträgen nicht zu eigen.