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"Sepsis ist ein lebensgefährliches Krankheitsbild, das als Notfall keine Verzögerung toleriert."

11. August 2022

Lohfert-Preis

Fehler benennen, analysieren, evaluieren und gemeinsam daraus lernen – das ist die Grundlage jeder guten Praxis und Prinzip dieses Vorreiterprojekts, das im Jahr 2015 als eines von zwei Projekten den Lohfert-Preis gewonnen hat: „MEDUSA – Medical EDUcation for Sepsis source control and Antibiotics“ am Universitätsklinikum Jena. Das Ziel: Sepsis frühzeitig erkennen und entsprechend schnell und adäquat handeln zu können. Die Projektergebnisse sind inzwischen mit eingeflossen in das Deutsche Qualitätsbündnis Sepsis“. Der damalige Projektleiter Prof. Dr. Konrad Reinhart ist heute Vorsitzender der von ihm gegründeten Sepsis Stiftung – wir hatten ihn in unserem Podcast Anfang 2021 zum Thema Sepsis befragt.
Anlässlich der zehnten Vergabe des Lohfert-Preises blicken wir nun noch einmal auf den ehemaligen Preisträger zurück.
Worum ging es?

Das Ziel des Projekts war die Optimierung der frühzeitigen Erkennung und schnellen Primärversorgung septischer Patienten. Durch regelmäßige Rückmeldung der Behandlungsergebnisse und mit einem flexibel anpassbaren Veränderungskonzept sollte eine schnellere Erkennung und Behandlung von Sepsis-Patienten erreicht werden. Dabei stellte der Austausch innerhalb und zwischen den Kliniken die Grundlage für ein gemeinsames Lernen und Weiterentwickeln in Richtung einer qualitativ hochwertigen Versorgung dar. In der multizentrischen MEDUSA Studie wurden dabei, basierend auf der strukturierten Dokumentation und Analyse von Qualitätsindikatoren und Fehleranalysen, an mehr als 7.000 Patienten in 43 teilnehmenden Krankenhäusern zahlreiche Einzelinitiativen und Verbesserungsmaßnahmen praktisch umgesetzt, mit dem Ziel eine therapeutische Gesamtverbesserung zu erreichen und das Konzept wissenschaftlich zu überprüfen.

Notfall Sepsis - hier ein Foto aus der Bildreporatge 2015 von Bertram Solcher.
Notfall Sepsis - hier ein Foto aus der Bildreporatge 2015 von Bertram Solcher.
Dr. Hendrik Rüddel (4.v.l.) im Kreise der 2015ner-Preisträger:in und des Stiftungsvorstands. Mit dabei (v.ln.r.): Dr. Dr. Peter Lohfert, Dr. Frank Bloos, Ph.D., Carolina Lohfert Praetorius, Dr. Hendrik Rüddel, Schirmherrin Senatorin a.D. Cornelia Prüfer-Storcks, Prof. Dr. Konrad Reinhart, Dr. Christoph Lohfert, Prof. Dr. Monika Engelhardt, Dr. Markus Ruch
Dr. Hendrik Rüddel (4.v.l.) im Kreise der 2015ner-Preisträger:in und des Stiftungsvorstands. Mit dabei (v.ln.r.): Dr. Dr. Peter Lohfert, Dr. Frank Bloos, Ph.D., Carolina Lohfert Praetorius, Dr. Hendrik Rüddel, Schirmherrin Senatorin a.D. Cornelia Prüfer-Storcks, Prof. Dr. Konrad Reinhart, Dr. Christoph Lohfert, Prof. Dr. Monika Engelhardt, Dr. Markus Ruch
Wir haben dem Projektteam am Universitätsklinikum Jena per E-Mail drei Fragen zum Fortgang des Projekts gestellt. Geantwortet hat uns Dr. Hendrik Rüddel, Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin - und übrigens auch zitierter Experte in der sehr berührenden 37-Grad-Reportage über eine junge Frau, deren Sepsis fast zu spät erkannt wurde.
Woran denken Sie, wenn Sie das Fotos aus dem Jahr 2017 betrachten?

Hendrik Rüddel: Das Foto zeigt eine klassische Situation, ein „Schockraum“. Das meint nicht nur den Behandlungsraum in der Notaufnahme, sondern auch das Szenario. Der Rettungsdienst hatte gerade einen älteren Patienten mit Verdacht auf eine Sepsis eingeliefert, dann ging alles ganz schnell – zum Glück für diesen Patienten. Die Notwendigkeit, immer und immer wieder zu betonen, dass Sepsis ein lebensgefährliches Krankheitsbild ist, das als Notfall keine Verzögerung toleriert, besteht aber weiterhin und ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit.

Wie konnte der Gewinn des Lohfert-Preis das Projekt unterstützen?

Hendrik Rüddel: Der Lohfert-Preis hat uns viel bedeutet! Nicht nur durch seine Außenwirkung, sondern auch durch seine „Innenwirkung“. Es war für unser Team und die Kliniken, die im MEDUSA-Projekt engagiert waren, eine große Motivation. Wir konnten das MEDUSA-Projekt im Jahr 2015 erfolgreich abschließen und 2017 publizieren (s. Anmk.). Seit 2015 haben wir als Fort- und Weiterentwicklung des MEDUSA-Projektes das Projekt „icosmos“ begonnen, aus dem nach einer dreijährigen Förderung durch das BMBF das „Deutsche Qualitätsbündnis Sepsis“ (DQS) mit über 60 teilnehmenden Kliniken entstanden ist. (2) International fiel in die Zeit danach nicht nur die Gründung der European Sepsis Alliance, sondern auch die Verabschiedung der Sepsis-Resolution durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), beides maßgeblich durch Prof. Reinhart erwirkt. Nach der Übernahme der Klinikleitung durch Prof. Michael Bauer im Jahr 2016 blieb Sepsis auch weiterhin Schwerpunkt der Forschung am Universitätsklinikum Jena. Hier konnten umfassende finanzielle Förderungen eingeworben und internationale Kooperationen angebahnt werden. Auch hieran hatte die Außenwirkung des Lohfert-Preises wichtigen Anteil.

Woran arbeiten Sie gerade und was sind Ihre nächsten Ziele?

Hendrik Rüddel: Neben der Tätigkeit in der Klinik bearbeiten wir aktuell unterschiedliche wissenschaftliche Projekte im Themenbereich Sepsis (FB) bzw. widmen uns der Vernetzung und Weiterentwicklung von Kliniken im Kampf gegen die Sepsis sowohl im Netzwerk „Deutsches Qualitätsbündnis Sepsis“ (DQS) als auch im telemedizinischen Projekt „SAT4COV“, dass Kliniken in Thüringen die Möglichkeit geben wird, zeitnah Kontakt zu uns als Universitätsklinik aufzunehmen und Behandlungen abzustimmen (HR). Aktuell besteht der Arbeitsschwerpunkt im „DQS“ auf der Wiederaufnahme des sepsis-spezifischen Peer-Review-Verfahrens und dem Aufbau einer dezentralen, online verfügbaren Schulungsplattform für die teilnehmenden Kliniken. Beide Projekte werden wir in das BMG-geförderte Projekt „Deutschland erkennt Sepsis“ einbringen.

Jena/Hamburg, im Juni 2022


Zum Lohfert-Preis

Seit dem Jahr 2012 wird einmal jährlich der Lohfert-Preis ausgeschrieben. Ziel des mit 20.000 Euro dotierten Förderpreises ist die Verbesserung der Qualität und Patientenorientierung in der Gesundheitsversorgung. Das Ausschreibungsthema 2015 lautete: Verfahren und Konzepte zur systematischen Fehlermessung in der stationären Krankenversorgung. Neben dem hier beschriebenen Projekt „MEDUSA – Medical EDUcation for Sepsis source control and Antibiotics“ hatte das Projekt „Interdisziplinäres Chemotherapiemanagement zur Fehlermessung und Fehlerprävention“ des Universitätsklinikums Freiburg” die Auszeichnung erhalten. Dessen Rückblick finden Sie hier.

Literaturhinweis

Bloos F, Rüddel H, Thomas-Rüddel D, Schwarzkopf D, Pausch C, Harbarth S, Schreiber T, Gründling M, Marshall J, Simon P, Levy MM, Weiss M, Weyland A, Gerlach H, Schürholz T, Engel C, Matthäus-Krämer C, Scheer C, Bach F, Riessen R, Poidinger B, Dey K, Weiler N, Meier-Hellmann A, Häberle HH, Wöbker G, Kaisers UX, Reinhart K; MEDUSA study group. Effect of a multifaceted educational intervention for anti-infectious measures on sepsis mortality: a cluster randomized trial. Intensive Care Med. 2017 Nov;43(11):1602-1612.

Copyright Fotos: Bertram Solcher für den Lohfert-Preis 2015 /Äußerungen unserer Gesprächspartner:innen geben deren eigene Auffassungen wider. Die Christoph Lohfert Stiftung macht sich Äußerungen ihrer Gesprächspartner:innen in Interviews und Beiträgen nicht zu eigen.

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