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Lohfert-Preis 2024: Wie können Arbeitgeber im Gesundheitswesen attraktiver werden?

22. Februar 2024

Lohfert-Preis

Antworten von Dr. Grit Braeseke, Ingo Böing, Sabine Brase, Vera Starker, Greta-Marleen Storath

Mehr Wertschätzung, flexible Arbeitszeiten, eine differenziertere und interdisziplinäre Pflege-Praxis – das alles kann entscheidend zur Attraktivität des Arbeitsplatzes beitragen. Und es hängt nicht allein von der übergeordneten Struktur, Organisation und Finanzierung im Gesundheitswesen ab. Vielmehr können Unternehmen und Einrichtungen hier selbst tätig werden. Wie? Dazu haben wir fünf Expert:innen um kurze Antworten gebeten. Wir möchten damit noch einmal auf das Thema und die damit verbundene Ausschreibung des Lohfert-Preises hinweisen.

Zur Ausschreibung

Denn noch bis zum 29.02.2024 läuft die Ausschreibung für den Lohfert-Preis 2024. In diesem Jahr sucht die Christoph Lohfert Stiftung Best-Practice-Projekte zum Thema "Fachkräftemangel als Impuls: Strategien zur Entwicklung und Stärkung des Gesundheitspersonals." Der Fachkräftemangel soll dabei weniger als Problem, sondern auch als Impuls für positive Veränderungen betrachtet werden.

Allein 300.000 zusätzliche Pflegekräfte könnten in Deutschland zur Verfügung stehen, wenn die Arbeitsbedingungen besser wären, so eine Meldung der Hans-Böckler-Stiftung aus dem letzten Jahr. Während einerseits vom „Pflegenotstand“ die Rede ist, gibt es andererseits scheinbar viele Pflegefachkräfte, die bereit wären, in den Pflegeberuf zurückzukehren oder ihre Teilzeitstelle aufzustocken. Zwar gäbe es auch dann noch einen Mangel an Pflegefachpersonen, aber eben einen geringeren.

Lesen Sie hierzu das Interview mit dem Versorgunsgforscher Jochen Schmitt

Der Meldung der Hans Böckler Stiftung liegt die Studie „Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegefachkräften“ zugrunde. Diese wurde durchgeführt von der Arbeitnehmerkammer Bremen in Kooperation mit dem Institut Arbeit und Technik | Westfälische Hochschule und der Arbeitskammer des Saarlandes, gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung.

 

Die Ergebnisse: Der Wunsch nach Wertschätzung durch Führungskräfte, fairem und unterstützenden Umgang der Kolleg:innen untereinander, mehr Zeit für die Patient:innen wird bei der Frage nach guten Arbeitsbedingungen zuerst genannt – zusammen mit der Forderung nach mehr Gehalt. So betont auch die Referentin für Gesundheits- und Pflegepolitik der Arbeitnehmerkammer, Greta-Marleen Storath: Arbeitgeber können die Arbeitsbedinungen attraktiver gestalten, "…indem sie planbare und verlässliche Arbeitszeiten sicherstellen und darüber eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen.“

Dr. Grit Braeseke: Mehr Wertschätzung, mehr Zeit für Pflege

Auch das IGES Institut veröffentlichte vor zwei Jahren eine „Studie zur Arbeitsplatzsituation in der Akut- und Langzeitpflege“, die zu gleichen Ergebnissen kommt wie die Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen.

So sollen vor allem auch die Pflegeeinrichtungen Maßnahmen für mehr Wertschätzung fördern und mehr Zeit für Pflege einräumen, um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und ihre Bindung an das Unternehmen zu stärken.

 

Die für die Studie verantwortliche IGES-Bereichsleiterin Pflege, Dr. Grit Braeseke, betont, Arbeitgeber im Gesundheitswesen könnten attraktiver werden, „indem sie Wertschätzung und Unterstützung im Arbeitsalltag fördern - sowohl durch die Führungskräfte als auch durch Kollegen und Kolleginnen.“

Weiter empfehlen die Studienautoren, „mithilfe von Mitarbeiterbefragungen im eigenen Unternehmen zunächst zu erfassen, wo Schwierigkeiten bestehen, und die Befragungsergebnisse anschließend im Team zu reflektieren. Nicht alle Probleme müssten im Anschluss gleichzeitig angegangen werden. Zur Umsetzung geeigneter Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen stünden viele erprobte Konzepte und geeignete Interventionen bereit.“

Zur Studie geht es hier

Tue Gutes und rede darüber

Und übrigens: Die Arbeitgeber sollten diese Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen auch deutlich transparenter nach außen transportieren – und damit im Wettbewerb um die Pflegefachkräfte positiv auf sich aufmerksam machen.

Vera Starker: Mehr Gestaltungsspielraum, mehr Partizipation, mehr Patientenfokussierung

Wie schafft man nun eine Atmosphäre der Wertschätzung im Unternehmen, welche Haltung liegt dem zugrunde und: Brauchen wir vielleicht eine andere Form der Arbeitsorganisation?

 

Hierzu liefert Vera Starker, Wirtschaftspsychologin und New-Work-Vordenkerin schlüssige Antworten. Zusammen mit  Mona Frommelt und David Ruben Thies hat sie in dem Buch New Work in der Medizin die heutige Klinikwelt analysiert. Ihre Vorschläge mögen teilweise revolutionär klingen. Tatsächlich aber führen sie zurück zu mehr Humanität im Medizinbetrieb. Wenn das medizinische und pflegerische Personal zufriedener sind, weil sie selbstwirksam effektiver und patientenfokussierter arbeiten können, kommt dies vor allem den Patient:innen zugute. Sie meint, Arbeitgeber im Gesundheitswesen könnten attraktiver werden, „indem sie Fachkräften individuellen Gestaltungsspielraum für ihre Arbeit im Sinne der Patient:innen - und im Sinne der eigenen Gesundheit - überlassen und partizipative Arbeitskonzepte fördern.“

Vera Starker im Podcast "kma-kompass"

Ingo Böing: Differenzierte Ausbildungswege und Akademisierung der Pflege

Partizipative Arbeitskonzepte könnten nicht nur Zufriedenheit der Mitarbeitenden stärken, sondern auch zu mehr Qualität und Patientenzentrierung beitragen. Das ist gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der steigenden Lebenserwartung und des medizinischen Fortschritts besonders bedeutend.

 

Insbesondere die Zunahme von Mehrfacherkrankungen macht die Versorgungssituation im Krankenhaus bereits heute komplexer – die Kompetenzanforderungen an die Pflege steigen. Akademisierung und auch interdisziplinäre Zusammenarbeit auf Augenhöhe, bei der krankheitsbezogene Maßnahmen und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden, tragen dazu bei, anspruchsvolle Versorgungsanforderungen leichter und besser im Sinne der Patient:innen zu meistern.

Ingo Böing, Referent für Pflege im Krankenhaus beim Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe, fordert daher für die Pflege vor allem den Aufbau qualifizierten Personals. Seiner Meinung nach könnten die Arbeitgeber die Arbeitsplatzzufriedenheit steigern, „… indem sie die Akademisierung der Pflegeberufe fördern, die Karrierewege durchlässiger gestalten und die Implementierung von Advanced Practice Nurses im Krankenhaus vorantreiben.“

Ingo Böing über Qualifizierung in der Pflege

Sabine Brase: Mehr interprofessionelle Zusammenarbeit, mehr Pflegekompetenzen

Wie für Ingo Böing ist auch für Sabine Brase, Geschäftsführerin Pflege - Bildung - Zukunft am Klinikum Ernst von Bergmann Potsdam und Jurymitglied für den Lohfert-Preis, unabdingbar, dass Arbeitgeber im Gesundheitswesen "... Interprofessionalität im Alltag stärken und die verschiedenen Kompetenzen aller Gesundheitsberufe optimal nutzen, um uns ganz auf die Patient:innen zu fokussieren."

Im Podcast-Interview mit der Christoph Lohfert Stiftung betont sie u.a. die Bedeutung guter Führung für die Attraktivität von Arbeitgebern und die Bewältigung des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen. Sie unterstreicht die Notwendigkeit, sich den Herausforderungen wie dem demografischen Wandel und sich ändernden Megatrends zu stellen und für neue Arbeitsmodelle wie New Work und Partizipation zu öffnen. Wertschätzung in der Führungskultur zu implementieren, steht dabei für sie mit an erster Stelle.

 

Wege aus dem Fachkräftemangel und hin zu einer verbesserten Patientenzentrierung – die sieht Sabine Brase in der Akademisierung der Pflege, der Förderung von Advanced Practice Nurses im stationären Klinikalltag sowie in der interprofessionellen Zusammenarbeit. Mehr dazu und zur Stärkung der Pflege-Profession hören Sie im Podcast mit der Christoph Lohfert Stiftung.

Zum Interview mit Sabine Brase


Über den Lohfert-Preis

Der Lohfert-Preis wird seit dem Jahr 2012 ausgeschrieben und fördert innovative Projekte zur Verbesserung der Patientenorientierung und -sicherheit. Die Preisträgerprojekte werden von einer unabhängigen Jury mit renommierten Vertreter:innen aus dem Gesundheitswesen ausgewählt. Der Lohfert-Preis 2024 ist mit 20.000 Euro dotiert und steht unter der Schirmherrschaft von Dr. Regina Klakow-Franck. Die feierliche Preisverleihunng findet im Rahmen des Hamburger Gesundheitswirtschaftskongresses, in diesem Jahr am 18.09.2024, um 13:30 Uhr, statt.

Zum GWK 2024

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