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Ganz einfach helfen

7. Oktober 2019

Projekt

Bevor wir das Online-Formular für die Bewerbung zum Lohfert-Preis 2020 live schalten, blicken wir noch einmal auf die Bewerbungen für den diesjährigen Lohfert-Preis: Darunter befand sich auch deinNachbar e.V.  - DIE Initiative zur Entlastung der ambulanten Pflege und vor allem der pflegenden Angehörigen. Der Verein hat schon viele prominente Befürworter wie den Pflegebeauftragten Andreas Westerfellhaus gefunden. Jetzt braucht das Team um den Gründer Thomas Oeben mehr finanzielle Unterstützung, um hoffentlich bald „durch die Decke“ zu gehen und sein Netzwerk auf anderen Regionen auszuweiten.

deinNachbar e.V. hat schon einige Preise gewonnen. Die Kernidee ist so gut wie einfach: Eine App bringt vor allem ältere hilfsbedürftige Menschen passgenau mit ehrenamtlich Engagierten zusammen. So unterstützt der Verein pflegende Angehörige mit Rat und Tat und schult die ehrenamtlichen Helfer. Gerade lobte der Pflegebeauftragte der Bundesregierung Andreas Westerfellhaus das Projekt und äußerte die Hoffnung, dass das Netzwerk bald über den Stammsitz München hinaus Hilfebedürftige bundesweit unterstützt.

deinNachbar im Videoportrait


Wir haben den Gründer Thomas Oeben im E-Mail-Interview gefragt, wie er auf die Idee zu deinNachbar e.V. kam und was die Logistikbranche mit der Pflege zu tun hat.

Ältere Menschen sind noch nicht unbedingt so digital kompetent, dass sie auf die Idee kommen, „im Internet“ nach Hilfe zu suchen. Wie erfahren diese Menschen von Ihrem Angebot? Kooperieren Sie mit ambulanten Pflegediensten und auch mit dem Entlassmanagement der Kliniken?

Thomas Oeben: Die älteren Menschen werden durch Flyer, Anzeigen in Wochenblättern, Presseartikel, Radiobeiträgen Infostände etc. auf uns aufmerksam gemacht. In der Zwischenzeit werden wir auch häufig von Patienten, Helfern, Ärzten und Pflegediensten empfohlen und wir arbeiten auch gut mit den Entlassmanagement der Krankenhäuser zusammen. Die pflegenden Angehörigen erreichen wir auch über das Internet und die Social Media ganz gut.

 
Wie sind Sie auf die Idee zu deinNachbar e.V. gekommen?

Thomas Oeben: Ich habe über 20 Jahre logistische Netzwerke für renommierte Speditions- und Logistik Dienstleister und für die produzierende Industrie aufgebaut und gesteuert. Auch habe ich viele innovative IT-Projekte initiiert und implementiert. Ende 2014 wurde ich zum ersten Mal auf die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Versorgung von hilfs- und pflegebedürftigen Menschen aufmerksam. Wir müssen davon ausgehen, dass 2030 jeder siebte Bürger in irgendeiner Form auf Unterstützung im Alltag angewiesen sein wird (BMG 2019 & Eurostat) und das bei 500.000 fehlenden Pflegefachkräften (Friedrich-Ebert-Stiftung 2015). Das heißt, wir steuern auf eine enorme Versorgungslücke zu.

Von einem Servicelevel spricht in diesem Bereich kein Mensch.

Logistiker stellen die Versorgung sicher. Sie sorgen dafür, dass die richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist und das mit einem sehr hohen Qualitätsanspruch. Wenn Sie heute so etwas Profanes wie ein Buch benötigen, so bekommen Sie das mit einem Servicelevel von 98 Prozent innerhalb von 24 Stunden an die Haustür geliefert und zwar unabhängig davon, ob Sie in der Stadt oder auf dem Land wohnen. Wenn Sie aber Unterstützung im Alltag benötigen, wissen die meisten Menschen gar nicht, wohin sie sich wenden sollen. Wenn sie dann über Beratungsstellen oder die Pflegekasse ein paar Organisationen genannt bekommen, wählen sie sich die Finger wund, landen meist auf dem Anrufbeantworter, um dann irgendwann zu erfahren, dass momentan leider keine freien Kapazitäten hat. Von einem Servicelevel spricht in diesem Bereich kein Mensch.

Mir war schnell klar, dass man mit logistischen Ansätzen und mit einem ausgeklügelten IT-System einen großen Beitrag zur Lösung des Versorgungsproblems leisten kann.

Also haben zwei ehemalige Kollegen und ich den Verein deinNachbar gegründet. Dieser baut mit angestellten Pflegefachkräften und vielen geschulten ehrenamtlichen Helfern ein logistisch optimiertes Versorgungsnetzwerk auf. Und wir haben die Helferportal GmbH & Co. KG gegründet, die eine Software zur Unterstützung dieser Prozesse entwickelt hat und die aufwändigen Prozesse der Helfersuche und -koordination digitalisiert hat.

Mit diesen Bausteinen können wir ein Versorgungsnetzwerk aufbauen, aus dem hilfs- und pflegebedürftige Menschen innerhalb von 24 Stunden die Unterstützung bekommen, die sie gerade benötigen, und zwar auf kostengünstige Art und Weise und qualitätsgesichert.

Das Konzept basiert auf einer stringenten Arbeitsteilung zwischen Pflegefachkräften und Laienhelfern. Die „Last“ der pflegenden Angehörigen wird so auf viele Schultern verteilt, wobei unser System dafür sorgt, dass das Engagement für den einzelnen Helfer nicht zur Last, sondern zur Bereicherung wird. Das wiederum erreichen wir, indem die Helfer nur passgenaue Einsatzanfragen bekommen. Im Aufnahmegespräch wird von jedem Helfer ein Profil angefertigt und im System hinterlegt. Dazu gehören Attribute, wie gewünschten Tätigkeiten, mögliche Zeitfenster für Einsätze, geografisches Einsatzgebiet, Qualifikationen, Interessen, gewünschte Einsatzstunden etc.. Sobald unsere Fachkraft einen Hilfebedarf in das System eingibt, fragt das System bei passenden Helfern per App oder SMS-Service die Einsatzbereitschaft ab.

Die Verbindlichkeit der Versorgungsstruktur wird durch die Engmaschigkeit des Netzwerkes und durch die schnelle, digitale Helfersuche und Einsatzkoordination erreicht. Die Qualität wird durch die angestellten Pflegefachkräfte sichergestellt, die die Klienten persönlich aufnehmen und den Bedarf evaluieren, pflegende Angehörige beraten und unsere ehrenamtlichen Helfer schulen und anleiten. Die Ergebnisse der Zufriedenheitsbefragungen auf Helfer- und Klienten-Seite werden im System hinterlegt.

Sie kommen aus einer ganz anderen Branche, der Logistikbranche, in der es vor allem um effiziente und rationalisierte Abläufe geht. Für Pflegende hingegen ist Zeit das höchste Gut, um individuell auf die Bedürfnisse ihrer Patienten eingehen zu können. Wie ist Ihre Wahrnehmung: Was können die beiden Bereiche voneinander lernen?

Thomas Oeben: Ich denke, dass wir unterscheiden müssen, wieviel Zeit man für die Organisation einer Versorgungssituation aufwendet und wieviel Zeit für den Patienten. Pflegedienste, die in Deutschland nur ca. ein Viertel der ambulant versorgten Patienten unterstützen, sind angehalten gegen die Uhr zu arbeiten, um kostendeckend zu arbeiten.

Leidtragende sind die pflegenden Angehörigen, die die Versorgungslücken ausgleichen und sich um ihre Lieben kümmern. Leider sind diese schon heute völlig überfordert. Laut Barmer Pflegereport bestimmt die Pflege für 85 Prozent der pflegenden Angehörigen das tägliche Leben. 60 Prozent wünschen sich mehr Unterstützung, und 185.000 pflegende Angehörige sind mit der Pflege so überlastet, dass sie ihre pflegerischen Tätigkeiten einstellen möchten.

Unser Anliegen ist es, die Versorgung möglichst effizient und zeitnah innerhalb von 24 Stunden mit geschulten ehrenamtlichen Helfern sicherzustellen.

Dafür haben wir die Prozesse logistisch optimiert und zum Großteil digitalisiert. Daneben ist uns aber die Qualität der Versorgung sehr wichtig. Dafür sorgen unsere Pflegefachkräfte, die sowohl den Bedarf bei den Hilfsbedürftigen vor Ort evaluieren, pflegende Angehörige rund um das Thema Pflege beraten und bei der Organisation der Pflegesituation behilflich sind. Auch schulen die Fachkräfte die ehrenamtlichen Helfer und leiten sie vor Ort für ihre Einsätze an. Unsere Helfer sind diejenigen, die viel Zeit mit den hilfs- und pflegebedürftigen Menschen verbringen und den pflegenden Angehörigen ein bis zweimal pro Woche eine Auszeit ermöglichen, ohne dass die sich Sorgen um ihre Lieben machen müssen.


Sie möchten sich für deinNachbar e.V. engagieren? Wenden Sie sich direkt an Thomas Oeben unter 089 960 40400, oder über die Website.

Sie möchten mehr über deinNachbar e.V. erfahren? Klicken Sie hier oder sehen Sie die Kurzreportage über den Verein auf RTL und auf München TV. Ab Min 18:28 können Sie sich in vier Minuten einen guten Eindruck über unser Konzept verschaffen. https://www.tvbayernlive.de/mediathek/video/tv-bayern-live-vom-20-07-2019

München/Hamburg, im Oktober 2019

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