Kreißsäle sind wie Notaufnahmen ein medizinischer Akutbereich, der durch eine kontinuierliche Aufnahmebereitschaft charakterisiert ist. Die Auslastung in einem Kreißsaal ist dynamisch, eingeschränkt berechenbar und wird durch Einweisungen vom Rettungsdienst mit geburtshilflichen Notfällen, Selbsteinweisungen bei Geburtsbeginn, Überweisungen von Fachärzt:innen, Verlegungen von peripheren Stationen sowie von elektiven Maßnahmen maßgeblich beeinflusst. Da für die klinische Geburtshilfe kein verbindlicher Personalschlüssel oder objektive Kriterien zum Erheben der Auslastung bestehen, werden Instrumente zum situativen Erfassen der Auslastung benötigt, um in Zeiten von personellen Engpässen, Überlastungssituationen zu verhindern.
Neben der medizinischen Notwendigkeit einer zeitnahen Triage, Diagnostik und qualitativ angemessene Versorgung der Frauen im Kreißsaal, hat die Qualität der Versorgung während der Geburt einen essentiellen Einfluss auf die kurz- und langfristige physische und psychische Gesundheit der Gebärenden. Ziel des Konzepts „Ein Punktesystem zur Operationalisierung der Auslastung im Kreißsaal (POAK)“ ist, die Auslastung objektiv zu berechnen, um ein drohendes Missverhältnis von Frauen zu Hebammen frühzeitig zu detektieren, durch Maßnahmen der Entlastung zu verhindern und die Patient:innensicherheit von Mutter und Kind aufrechtzuerhalten.
Das Konzept POAK wurde im Juni 2019 am UKE zur Steuerung der Versorgung von zwei Hebammen entwickelt. Mit POAK kann die Auslastung objektiv durch definierte Kriterien berechnet werden. Zu Beginn werden Frauen geburtsphasen- und risikoadaptiert mit einem Betreuungsbedarf in Punkten klassifiziert und im Anschluss die Betreuungskapazität der diensthabenden Hebammen ebenfalls mit Punkten dargestellt. Die Punkte werden ins Verhältnis gesetzt, sodass sich mit Einbeziehung der personellen Ressourcen eine Auslastung in Echtzeit ergibt.
Seit der Implementierung des Konzepts ist die Anzahl der Dienste mit Überlastungen gesunken und die Zufriedenheit in der interprofessionellen Zusammenarbeit gestiegen. POAK wird mittlerweile in siebzehn Kreißsälen in Deutschland zur Koordination der Versorgung in der Geburtshilfe angewendet.
Mit POAK kann die Auslastung transparent aufgezeigt und die Versorgung ressourcenbasiert koordiniert werden. Ein großer Erfolg ist das Verhindern von Überlastungen und die Gewährleistung einer sicheren und adäquaten Betreuung von Mutter und Kind.