Psychische Erkrankungen in der Perinatalzeit (Schwangerschaft und erstes Jahr nach der Geburt) sind nicht selten. In westlichen Industrieländern sind etwa 20 Prozent der Frauen betroffen, in der Schweiz sucht jede sechste Frau aufgrund von psychischen Problemen perinatal professionelle Hilfe. Die Folgen sind weitreichend und betreffen sowohl die mütterliche als auch die kindliche Gesundheit. Suizid zählt beispielsweise zu den häufigsten Todesursachen von Müttern im ersten Jahr nach der Geburt. Trotz guter Behandlungsmöglichkeiten, gerade bei frühem Behandlungsbeginn, werden Frauen während dieser Lebensphase nur inadäquat betreut. Dies ist auch auf die tiefe Erkennung von betroffenen Frauen (1 bis 3 Prozent ) im Rahmen der geburtshilflichen Versorgung zurückzuführen. Des Weiteren gibt es in der Schweiz nur wenige spezialisierte Angebote für diese Zielgruppe.
Um die Früherkennung und die Betreuung von psychisch belasteten oder erkrankten Frauen zu verbessern, hat die Frauenklinik (FKI) hat zusammen mit Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) ein Angebot mit einer Advanced Practice Midwife (APM) konzeptionell entwickelt und in der Klinik aufgebaut.
Das APM-Angebot befindet sich an der Schnittstelle zwischen Psychiatrie und Geburtshilfe. Für die Umsetzung war eine Kooperation zwischen den beiden Kliniken notwendig. Die Entwicklung der APM-Rolle und des APM-Angebotes fand im Rahmen einer Masterarbeit statt. Methodisch wurde dazu das PEPPA Rahmenmodells verwendet. Seit Abschluss der Masterarbeit wurden fortlaufend definierte Massnahmen in den Bereichen Prävention, Screening, Diagnose und Behandlung in der Klinik implementiert. Das Screening-Projekt wurde ebenfalls erfolgreich über eine Masterarbeit mittels Mehrmethodenansatz evaluiert.
Das entwickelte Angebot zur Förderung der perinatalen psychischen Gesundheit durch eine APM konnte erfolgreich in der FKI implementiert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass durch das Screening die Früherkennung verbessert werden konnte. Die Frauen das APM-Angebot nutzen und psychisch belastete Frauen eine schnelle Diagnostik und Therapie erhalten. Die Betreuungskontinuität und die Zusammenarbeit mit anderen Fachpersonen konnte durch das APM-Angebot ebenfalls optimiert werden. Durch die systematische Entwicklung würde sich das Angebot würde sich auch in anderen Kliniken umsetzen lassen.
Headerfoto: Bertram Solcher für den Lohfert-Preis 2013