Hintergrund: Etwa 1,6 Mio. Menschen leiden in Deutschland unter einer schweren psychischen Erkrankung (Severe Mental Illness, SMI), die zu schweren und dauerhaften psychosozialen Beeinträchtigungen führen kann. Mit einem Anteil von 70% sind psychotische Erkrankungen wie Schizophrenie oder Manisch-Depressive Erkrankungen (Psychosen) die Hauptursache für SMI. Das Versorgungssystem für die Betroffenen und ihre Familien ist in Deutschland noch immer nicht optimal; weniger als 3% erhalten (zeitweise) eine evidenzbasierte Therapie. Die daraus entstehende Konsequenz ist die Chronizität der Erkrankung mit hohen direkten und indirekten Folgekosten (70.000€ pro Jahr), v.a. versursacht durch „Drehtürpsychiatrie“ im stationären Bereich.
Ziele: Das Hamburger Modell integriert und koordiniert die Versorgung von Menschen mit Psychosen mit dem übergeordneten Ziel, über eine evidenzbasierte Versorgung eine psychologische und somatische Gesundung, sowie eine gesellschaftliche (Re)Integration (Recovery) zu erreichen und langfristig zu erhalten.
Umsetzung: Patienten in diesem integrierten Versorgungsmodell werden von festen ärztlichen und psychologischen Bezügen in einem Netzwerk von Psychose-Spezialinstitutionen innerhalb und außerhalb des UKE langfristig behandelt. Kernbestandteil ist die Behandlung durch Therapeutisches Assertive Community Treatment Teams (multiprofessionelle Teams von Psychose-Experten bestehend aus Ärzten, Psychologen, Sozialpädagogen, Genesungsbegleitern), welche eine intensive, flexible, psychotherapeutisch ausgerichtete, evidenzbasierte Behandlung durchführen, v.a. im eigenen Lebensumfeld. Finanziert wird das Modell über §140a-g SGB V mit einer Jahrespauschale.
Ergebnisse: Seit 2007 läuft eine Studie zur Evaluation von Effektivität und Effizienz des Modells. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Behandlungszufriedenheit, eine steigende Lebensqualität, geringe Rückfallquoten und eine Reduktion der direkten Kosten, durch eine Reduktion von Rückfällen (mit stationärer Behandlung).
Fazit: Das Konzept ist seit 14 Jahren fester Bestandteil der Versorgung von Menschen mit Psychosen am UKE. Ergebnisse zeigen, dass durch eine integrierte Versorgung auch bei schwer Erkrankten eine multidimensionale Verbesserung und Stabilisierung erreicht werden kann. Über die Gesundung der Betroffenen wurde gleichzeitig eine Reduktion der Krankenkassenkosten erreicht. So wurde das Modell auf andere SMI-Indikation erweitert, u.a. für Borderline-Störungen und chronische Depressionen.