Antibiotikaresistenzen gehören zu den größten medizinischen Herausforderungen. Der inadäquate Einsatz von Antibiotika ist die Hauptursache für die Zunahme von Antibiotikaresistenzen. Der Bedarf an ExpertInnen für einen rationalen Antibiotikaeinsatz (antibiotic stewardship, ABS) kann zurzeit weder in Kliniken noch im ambulanten Bereich gedeckt werden; ABS-Kurse sind zeit- und kostenaufwendig und nicht in ausreichendem Umfang vorhanden. Dieses Projekt entwickelt unter Ausnutzung der gebündelten Expertise am Universitätsklinikum des Saarlandes eine innovative Versorgungsform mit nachhaltiger Perspektive.
Primäres Ziel ist die Unterstützung der behandelnden ÄrztInnen in Hinblick auf eine verbesserte Behandlungsstrategie für PatientInnen mit Infektionskrankheiten. Die wichtigste Innovation und Intervention ist hierbei ein telemedizinisch realisierter infektiologisch-mikrobiologischer Konsiliardienst. Das Projekt beinhaltet ein telemedizinisches Versorgungskonzept als Weiterentwicklung einer bereits bestehenden App (InfectioApp™). Umliegenden Krankenhäusern und Kliniken (Saarland, Rheinland-Pfalz) wird die Möglichkeit gegeben, konkrete Hilfestellungen bei der medizinischen Behandlung von InfektionspatientInnen zu bekommen. Die Anfragen werden hierbei in einem Stufenmodell graduiert – von Direktanfragen per App bis zu interdisziplinären Videofallkonferenzen und -visiten (bei Bedarf Präsenzvisiten). Die lokalen Erreger- und Resistenzdaten werden in die App eingespeist, so dass sie bei der Antibiotikaauswahl berücksichtigt werden können. Der Antibiotikaeinsatz vor Ort wird laufend in Punktprävalenzanalysen erfasst, und darüber hinaus qualitativ beurteilt, was eine weitere Innovation darstellt. Nebst Evaluation, wissenschaftlicher Auswertung und Rückmeldung werden den Kliniken interaktive Fortbildungen angeboten.
In einem ersten Schritt wurde eine App entwickelt, die als mobile, laufend aktualisierte und praktische Leitlinie zur Infektionstherapie dient. Im nächsten Schritt wird diese App weiterentwickelt und die weiteren oben beschriebenen telemedizinischen Aspekte des Projektes implementiert. Dieses in sehr hohem Maße zukunftsfähige Versorgungsmodell soll zunächst in einem Pilotprojekt regional die Versorgungssituation im Hinblick auf Antibiotikaeinsatz und Infektionskrankheiten verbessern. Durch die Ausnutzung moderner, weit verbreiteter Technologien wie Apps ist die Verstetigung des Projektes gewährleistet und die Skalierbarkeit auf nationaler Ebene gegeben.