Laut aktueller wissenschaftlicher Patientensicherheitsliteratur sind latente Gefahrenquellen auch in Hochrisikobereichen wie Intensivstationen evident. Diese Gefahrenquellen betreffen Kommunikationsprozesse und organisatorische Abläufe oder stehen in Zusammenhang mit medizinischer Infrastruktur und technischen Aspekten. Zur Analyse der Qualität der medizinischen Betreuung, der Güte der teaminternen Kommunikation, der Effektivität organisatorisch-logistischer Prozesse sowie zur Überprüfung von Einsatzbereitschaft und Vollständigkeit akutmedizinischer Geräte und Medizinprodukte wurde daher im Rahmen des Dissertationsprojekts „Quality of neonatal resuscitation and impact of interdisciplinary in situ simulation training“ an der Klinischen Abteilung für Neonatologie Graz ein in situ-Simulationstrainingsprogramm ins Leben gerufen.
Unter dem Begriff des „in situ-Simulationstraining“ versteht man das Training von medizinischem Fachpersonal in seinem gewohnten Arbeitsumfeld unter Verwendung von realistischen Patientensimulatoren. Im Gegensatz zum Training in einem Simulationszentrum ermöglicht diese Simulationsmodalität eine tatsächliche Beurteilung von räumlich-strukturellen Details, von organisatorischen Abläufen und von Details der klinischen Kommunikation. Studien haben gezeigt, dass in situ-Simulationstraining erfolgreich zur Analyse und Verbesserung der medizinischen Versorgungsqualität sowie zur Identifikation latenter Sicherheitsrisiken eingesetzt werden kann.
Einen wesentlichen Aspekt des simulationsbasierten Lernens stellt das reflektierte Aufarbeiten (engl. debriefing) von Ereignissen und Optimierungsmöglichkeiten im Rahmen des Simulationstrainings dar. Dieser Tatsache Rechnung tragend, wurden in den im Anschluss an die Szenarien stattfindenden Debriefing-Einheiten medizinische Aspekte diskutiert, Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der medizinisch-pflegerischen Behandlung und des Equipments (z.B. Lagerung von Medikamenten/Material) interaktiv erarbeitet sowie im Training identifiziertes latentes Fehlerpotential adressiert. Das Ziel des Projekts ist eine eine 100-prozentige Durchdringung des Personals und anschließend der Ausbau des InstruktorInnen-Teams zwecks Erhöhung der Trainingsfrequenz. Ziel ist darüber hinaus, die jährliche Teilnahme für jeden Mitarbeiter und wöchentliche Evaluierungen hinsichtlich latenter Gefahrenquellen vor Ort zu gewährleisten.