Die Kommunikation zwischen Fachpersonen in der Gesundheitsversorgung ist eine zentrale Stellschraube für die Patientensicherheit. Analysen von schweren Zwischenfällen, bei denen Patienten zu Schaden gekommen sind, zeigen, dass es häufig im Vorfeld Mitarbeitende gab, die durchaus Sicherheitsbedenken hatten, diese aber nicht oder nur vage ausgedrückt haben. Das Ansprechen von Sicherheitsbedenken, wenn das Verhalten eines Kollegen eine potenzielle Gefahr für einen Patienten darstellt, nennt man „Speak Up“. Solche Gefahren können entstehen, wenn sich Fachpersonen bewusst oder unbewusst nicht an Regeln halten, zum Beispiel zur Händedesinfektion oder ihnen ein Fehler oder eine Fehleinschätzung unterläuft.
Ziel des Projekts ist es, in Krankenhäusern eine Speak Up Kultur zu etablieren. Dafür müssen einerseits die Mitarbeitenden das kommunikative Handwerkszeug erlernen, zum Beispiel wie man seine Bedenken so vorbringen kann, dass das Gegenüber sich nicht angegriffen fühlt. Andererseits muss es zur Kultur der Organisation werden, dass Speak Up gewünscht und akzeptiert ist. Speak Up in gefährlichen Situationen ist dann wahrscheinlich, wenn Mitarbeitende ein professionelles Kommunikationsverhalten erlernen und gleichzeitig das Organisationsklima dahingehend entwickelt wird, dass Speak Up zur sozialen Norm wird.
Die Aktivitäten der Stiftung Patientensicherheit sprechen diese verschiedenen Ebenen aktiv an. Krankenhäuser werden darin unterstützt, das Speak Up-Verhalten ihrer Mitarbeiter zu motivieren und Verhalten und Kultur in der Organisation mit geeigneten Tools zu erfassen und zu verbessern. Das Projekt begann mit einer Forschungsstudie in der Onkologie, in dem erste empirische Daten generiert und ein tieferes Verständnis von Speak Up-Situationen und -Verhaltensweisen erlangt werden konnte. Darauf aufbauend haben wir eine Schriftenreihe für Entscheidungsträger (Direktion, Leitung Pflege, Ärztliche Leitung, Qualitätsmanagement), aber auch für Mitarbeitende an der Basis veröffentlicht. Der Band beinhaltet sowohl die theoretischen Grundlagen als auch einen ausgiebigen Praxisteil. Es wurde eine Schulung konzipiert, in der medizinische Teams das Speak Up-Verhalten reflektieren, typische Situationen erarbeiten, sich auf akzeptierte Kommunikationswege verständigen und diese trainieren können. Gemeinsam mit einem renommierten Partner im Bereich Weiterbildung (Careum Weiterbildung) wird dieser Workshop angeboten.
Bisher fehlte ein Instrument, um eine Standortbestimmung bezüglich des Speak Up-Verhaltens und -klimas durchzuführen und allfällige Veränderungen, z. B. durch Interventionen, abzubilden. In einem weiteren Projektschritt wurde daher ein Kurzfragebogen entwickelt und psychometrisch evaluiert. Es ist gelungen, ein Instrument zu entwickeln, das es Akutspitälern ermöglicht, ihre Speak Up-Kultur systematisch zu erfassen. Das Befragungsinstrument erlaubt es, Optimierungspotential zu erkennen und dank der schlanken Form Monitoring-Aktivitäten durchzuführen.