Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) sind für ca. fünf Prozent aller stationären Krankenhausbehandlungen verantwortlich – ca. 50 Prozent der UAW gelten hierbei als vermeidbar. Insbesondere bei vulnerablen Menschen wie älteren oder unter kognitiven Einschränkungen leidenden Patienten ist deshalb die frühzeitige Erkennung und Behandlung von UAW von entscheidender Bedeutung. Hierfür ist eine gelebte Sicherheitskultur im stationären Alltag durch die Kenntnis zur Detektion, Zusammenhangs-beurteilung und Meldung von UAW notwendig. Aktuell besteht ein Underreporting von UAW in den Spontanmeldesystemen, die Lehre zu UAW ist bisher kein integraler Bestandteil der Facharztweiterbildung z.B. in der Psychiatrie, und die Pilotversuche zu klinischen Algorithmen und konsiliarischen Besprechungen von UAW sind bisher nicht flächendeckend implementiert.
Das Projekt "Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie" (AMSP) ist ein prospektives, multizentrisches Programm zur kontinuierlichen Erfassung schwerer UAW von Psychopharmaka bei stationären psychiatrischen Patienten unter naturalistischen Bedingungen. Zuverlässige Daten zur Risikobeurteilung bei seltenen, aber klinisch bedeutsamen UAW müssen sich auf sehr große Fallzahlen überwachter Patienten stützen. Es kommen immer wieder neue Psychopharmaka zum Einsatz, zudem werden in der Behandlung therapieresistenter, stationär-psychiatrischer Patienten auch neuartige Kombinationen verschiedener Psychopharmaka verordnet. Hier ist eine systematische Überwachung zur möglichst frühzeitigen Entdeckung eventueller klinisch bedeutsamer Risiken der Substanzen im Rahmen eines UAW-Erfassungssystems, das auch einen Vergleich mit den alteingeführten Präparaten möglich macht, besonders bedeutsam.
Das AMSP ist als System konzipiert, das im Bereich der Psychopharmakotherapie eine Signal- und Alarmfunktion für das Auftreten von klinisch bedeutsamen bzw. neuartigen UAW hat. Dadurch und durch detaillierte wissenschaftliche Analysen der erfassten UAW sollen die Arzneimittelsicherheit optimiert und die psychopharmakologischen Therapiestrategien einer Risikominderung angepasst werden.
AMSP kommt neben Deutschland auch in Österreich und der Schweiz zum Einsatz und wird dort, ähnlich wie in Deutschland, von gemeinnützigen Vereinen (ÖAMSP, SGAMSP) getragen. Aktuell nehmen insgesamt 63 psychiatrische Kliniken teil, 42 davon in Deutschland.