Wissenschaftliche Erhebungen decken sich mit unseren Erfahrungen im Krankenhausalltag: Bis zu 30 Prozent der Patienten über 65 Jahren entwickeln während der Behandlung im Krankenhaus ein Delir. Speziell nach Operationen zeigen sich unsere betroffenen Patienten verwirrt, desorientiert und entweder hoch aufgeregt (hyperaktives Delir) oder aber äußerst zurückgezogen (hypoaktives Delir). Dennoch ist das Erkennen eines Delirs im Alltag eines Akutkrankenhauses herausfordernd, da die Patienten in der Regel vorher nicht bekannt sind. So bleiben 30 bis 60 Prozent der Delir-Patienten unerkannt. Hier besteht insofern Handlungsbedarf, da insbesondere unmittelbare, nicht-medikamentöse Maßnahmen in der Delir-Therapie besonders wirkungsvoll sind.
Ziel des Delir Managements am Caritas Krankenhaus St. Josef ist die frühzeitige Identifizierung von Patienten mit einem Delir oder abweichenden kognitiven Erscheinungen. Es geht um die schnellstmögliche optimale klinische Entscheidungsfindung hinsichtlich der Auswahl individuell passgenauer Interventionen für den jeweiligen Patienten.
Die intensive Zusammenarbeit der beteiligten Stationen ermöglicht es vor allem auch den zuständigen Pflegekräften, das komplexe Phänomen des Delirs leichter zu erfassen. Gerade Pflegende spielen durch die Zeit, die sie in Patientennähe verbringen eine entscheidende Rolle bezüglich der Erfassung sogenannter „deliranter Zustände“. Durch den kontinuierlichen Patientenkontakt können sie Veränderungen der Aufmerksamkeit oder der Bewusstseinslage am Patienten feststellen und ggf. sofort das Delir Management benachrichtigen.
Das Delir Management macht es sich zur Aufgabe, den kognitiven Outcome der Patienten mittels geeigneter Interventionen frühstmöglich zu stärken und Komplikationen durch das Delir, die die Sicherheit und den Behandlungsverlauf des Patienten gefährden könnten, weitestgehend zu verhindern. Um eine qualitativ hochwertige therapeutische Betreuung zu ermöglichen, richtet sich die klinische Entscheidungsfindung und die therapeutische Verlaufsplanung nach den Prinzipien der Evidence Based Practice. Somit wird unter Berücksichtigung der derzeit am besten belegten externen Evidenz in gemeinsamer Absprache mit dem Patienten und Angehörigen oder Bezugspersonen ein individueller Behandlungsplan erstellt.
In einer Datenerhebung konnten wir die Zahl erkannter Delire signifikant erhöhen. Hervorzuheben ist im Besonderen, dass nicht nur die Vorbeugung oder eine oft wenig zielführende medikamentöse Therapie im Vordergrund stehen, sondern neben dem eindeutigen Erkennen des Delirs eine individuelle, vielschichtige Behandlung und die Einbeziehung der Angehörigen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil stellt das Coaching der Mitarbeiter des Krankenhauses zum Thema Delir dar.